Vorbereitung- Qualität kommt von Qual

Eine Saison ist lang, ermüdend, zermürbend, kräftezehrend, emotional und noch vieles mehr. Die Belastung, die ein handelsüblicher Kreisligakicker im Laufe einer Saison verspürt, ist mit wenigen Situationen vergleichbar. Vielleicht kann ein Astronaut (oder Kosmonaut, je nach politischer Gesinnung) den Druck nachvollziehen. Vielleicht kann ein Pilot die Verantwortung nachfühlen, die ein jeder Kreisligapöhler trägt. Um die langwierige Spielzeit körperlich und mental halbwegs schadlos zu überstehen, gilt es die Schienen des Erfolgs in der Vorbereitung aufs Gleisbett zu legen. Also ran an die Medizinbälle!

So eine Saison in der Kreisliga kann endlos lange dauern. Beschwerliche Fahrten zu Nachbarkäffern, die 90 Minuten auf der tiefen Kuhweide, die zärtlichen Körperberührungen der Gegenspieler und am nächsten Tag wieder ab auf die Maloche. Um diese mit Worten kaum zu greifende Last ohne Spätfolgen überstehen zu können, quälen sich unsere Helden in der heiß geliebten „Vorbereitung“ und bringen sich in Olympiaform.

Das Trainerteam arbeitet ein terminlich passendes Konstrukt heraus, quetscht es in eine Excel Tabelle und schickt es per whatsapp an alle Mannschaftsmitglieder. Etliche Trainingseinheiten sind auf dem digitalen Blatt zu finden. Testspiele gegen andere Teams aus der näheren Umgebung ebenso wie Sondereinheiten im Wald oder mit Fachkräften aus dem Leistungssport reihen sich aneinander. Und unter dem Meisterwerk steht natürlich in fetten Lettern das obligatorische Zu jeder Einheit sind Laufschuhe mitzubringen!

Während sich die Pseudoprofis die Sonne in Katar, Spanien und Co. auf ihre überbezahlten Körper bruzzeln lassen, unterstützen die Kreisligakicker die heimische Wirtschaft. Kurse in lokalen Fitnessarenen werden gebucht, wo die Personal Coaches schnell merken, dass den Teilnehmern nicht mehr viel beizubringen ist. Bereits nach 10 Minuten Warm-up hecheln die Spieler, wie ein Labrador in der Sauna. Die folgenden Dehnübungen werden zum Befreien der geteerten Lungen genutzt, sprich die Kettenraucher der Mannschaft sehnen sich nach einer Pause zum Qualmen und überbrücken die Zeit mit reichlich Gehuste. Das Programm wird ohne Rücksicht auf persönliche Eitelkeiten durchgezogen. Von schier unbeschreiblichen Muskelschmerzen verzerrte Gesichter versuchen den Anleitungen des Drill-Instructors zu folgen. Einige der sportlicheren Mannschaftsmitglieder sind in der Lage, die verschiedenen Übungen halbwegs ansehnlich durchzuführen. Nach 45 Minuten ist allerdings auch für diese Hochleistungsathleten Schicht im Schacht. Die Kicker sind über ihre Leistungsgrenze hinweg geschlichen und benötigen isotonische Getränke, um den Flüssigkeitshaushalt wieder in Ordnung zu bringen. Aber wer auch noch in der 85. Minute den Maulwurfshügeln im Vollsprint ausweichen möchte, muss etwas dafür tun. Dementsprechend zeigen die Spieler einen Einsatz, den sie sonst nur an der Theke oder der Playstation erbringen.

Während die Bundesligaamateure einen strengen Ernährungsplan einhalten und von extra eingeflogenen Starköchen zurechtgestümperten Hochleistungsfraß in ihre Rachen kloppen, unterstützen unsere Helden die lokale Gastronomie. Nach der Laufeinheit im Stadtwald (samt Steigerungsläufen ) versammelt sich die Mannschaft bei Schnitzel, Pommes, Döner und Gyros und spült die Delikatessen mit Zuckerwasser runter.

Neben den konditionell unabdingbaren Laufeinheiten und dem Fitnessgedöns stehen natürlich auch Termine auf dem heiligen Grün auf der Agenda. Gerne treffen sich die Kreisligagladiatoren bereits morgens zum Frühstück am Platz. Während sich die Spieler noch bei Kaffee, Kippe und Mettbrötchen über das kommende Bezirksschützenfest austauschen, wird auf dem Platz das obligatorische Zirkeltraining aufgebaut. Unzählige Stationen laden zum Malträtieren des gestählten Prachtkörpers ein. Medizinbälle wollen von A nach B befördert werden. Unübersichtliche Pylonenfelder möchten im Eiltempo durchquert werden. Koordinationsleitern warten auf Bewegungsabläufe, die jedem Let’s Dance-Teilnehmer die Farbe des Neids auf’s D-Promi-Gesicht zaubern. Die Kicker kämpfen sich von Station zu Station und fragen sich allmählich, welche verheerenden Lebensentscheidungen sie eigentlich getroffen haben. Dann hat der Übungsleiter endlich ein Einsehen und öffnet das Schloss der Balltonne. Die zerfurchten Gesichtszüge der völlig verausgabten Spieler hellen sich ein wenig auf. Die Erkenntnis siegt, dass ihre Lebensentscheidungen ohne Ausnahme goldrichtig waren. Egal, welche Bürden man mit seinen schrägen Schultern zu stemmen hat, solange man noch gegen einen Ball treten kann, ist nicht alles schlecht. Doof nur, dass die Muskeln vom Zirkeltraining so in Mitleidenschaft gezogen wurden, dass man kaum noch in der Lage ist, einen Pass über 2 Meter zustande zu bringen. Trotzdem genießen die Profiamateure die gefühlvollen Berührungen ihres liebsten Freundes, dem Fußball, auch wenn er ihren Kommandos nicht immer Folge leisten möchte.

p.s. Wer kein Bock auf Vorbereitung hat, bucht einfach einen Urlaub und bereitet sich individuell auf die Saison vor. Strandläufe am Ballermann sollen gelenkschonend sein. Zudem kann man sich in puncto Trinkfestigkeit dort gut auf die Mannschaftsabende vorbereiten, was ja auch nicht zu vernachlässigen ist 😉