Ich fühle mich in Scheidingen pudelwohl

Vor dem letzten Heimspiel der 1. Mannschaft gegen SW Hultrop traf sich der Chefpaparazzi des SuS mit dem Trainer der Mannschaft Tim Brans zum Interview. Tim stellte sich den Fragen zur abgelaufenen und zur neuen Saison gewohnt souverän.

Trainer Tim Brans stellte sich am 24.05.2024 den Fragen vom Chefpaparazzi des SuS Franz-Josef Berz
Trainer Tim Brans stellte sich am 24.05.2024 den Fragen vom Chefpaparazzi des SuS Franz-Josef Berz

Berz 1: Bist du mit der Saison und dem Saisonverlauf zufrieden?

Brans: Mit dem Erreichten bin ich zufrieden bis sehr zufrieden. Wir haben eine hervorragende Hinserie gespielt. Mit 21 Punkten war die sehr stark. Wir haben uns in der Winterpause mit der Mannschaft zusammengesetzt und die Ziele für die Rückrunde formuliert. Wir wollten einen einstelligen Tabellenplatz und 40 Punkte. Das haben wir nachweislich nicht geschafft. Die wichtigste Aufgabe für die Saison war aber, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben, und eine Weiterentwicklung in der Mannschaft zu sehen. Beides haben wir geschafft, vor allem in der Hinrunde und am Anfang der Rückrunde. Die Siege in Soest und in Sönnern waren schon außergewöhnich. Von Mitte März bis Mitte Mai hatten wir einen ziemlichen Hänger. Aus 6 Spielen gab es nur 3 Punkte. Dies war ein wenig zu befürchten, da wir im Niemandsland der Tabelle waren. Nach oben ging nicht viel und nach unten hatten wir genug Abstand. Hinzu kamen viele Verletzungen, die teilweise auch sehr schwer waren. Trotzdem hätten wir in der Phase noch etwas mehr machen können. Am Ende des Tages war es aber eine erfolgreiche Saison.

Berz 2: In der letzten Saison 22/23 wäre man mit der Punktzahl 8-ter gewesen.

Brans: Ja das stimmt. Die letzte Saison war schon außergewöhnlich. Mit 30 Punkten ist man in dieser Saison deutlich überm Strich. In der Saison davor mussten wir im letzten Spiel diesen Krimi gegen Günne spielen.

Berz 3: Was war besonders positiv in dieser Saison?

Brans: Dazu gehört natürlich der Derbysieg gegen Sönnern. Es ist schon gut 15 Jahre her, dass das einer Scheidinger Mannschaft gelungen ist. Es war eine Top-Leistung unserer Mannschaft. Natürlich braucht man in so einem Spiel auch ein wenig Glück. Das hatten wir an dem Abend. Das Spiel in Hultrop wurde ebenfalls gewonnen,glich aber eher einer Wasserschlacht, und die Hultroper waren gerade aus der Bezirksliga gekommen. Da hat die Mannschaft auch ungeheure Mentalität bewiesen. Hier sieht man eine deutliche Weiterentwicklung. Die Jungs geben nicht auf. Wir haben häufig zurück gelegen und die Spiele oft noch gedreht, oder Zumindest Unentschieden gespielt. Die Trainingsbeteiligung ist sehr gut, und alle Spieler ziehen zu 100% mit.

Berz 4: Und was war negativ in der Serie?

Brans: Ja, es ist schon so, dass wir gewissen Schwankungen unterliegen. Das ist aber auch dieser recht jungen Mannschaft geschuldet. Natürlich ist es unschön, die Saison mit einer Heimpleite gegen Sönnern mit 0:6 zu starten. Da hat mir die Einstellung komplett nicht gepasst. Das war völlig ohne Gegenwehr. Natürlich waren auch die schweren Verletzungen negativ. Das ist aber auch die Mannschaft nicht schuld. Keiner will so etwas, aber trotzdem kann es passieren.

Berz 5: Gab es Spieler, die dich völlig überrascht haben? Positiv oder Negativ.

Brans: Negativ kann ich definitiv „Nein“ sagen. Das gab es nicht. Steffen Foschepoth hat eine sensationelle Hinrunde gespielt. Er war da als er gebraucht wurde. Lars Hansner wollte unter dem vorigen Trainer nur noch 2. Mannschaft spielen. Er befasste sich auch mit einem Wechsel nach Büderich. Nach dem Trainerwechsel hat er gesagt, dass er das lieber mit mir und David durchzieht. Nach Minuten belegt er im Ranking Platz 3 bei den Einsatzzeiten. Tobi Schulte hat wesentlich mehr Tore als in der Vorsaison geschossen. Er bringt sich immer mehr ein. Lennart Wilms ist nach schwerer Verletzung wieder zurück. Gut, dass er als Kapitän wieder zurück ist. Jonas Konrad hat die ganze Hinrunde verletzungsbedingt gefehlt. Er hat sich in der Rückrunde super eingebracht und sogar noch 5 oder 6 Tore geschossen. Fridolin Griewel ist und bleibt ein Phänomen. Manchmal ist es unfassbar, was der Junge abliefert. Er kann allerdings auch rabenschwarze Sonntage haben. Ich weiß aber was ich an ihm habe. Alles in allem ist seine Entwicklung vom mittelmäßigen D-Liga Spieler zum Stamm einer A-Liga Mannschaft schon atemberaubend. Fakt ist definitiv, dass alle Spieler einen Schritt nach vorne gemacht haben. Die Entwicklung der gesamten Mannschaft kann sich sehen lassen.

Berz 6: Gibt es Spieler mit Abwanderungsgedanken?

Brans: Zu einem anderen Verein definitiv nicht. Lars Hilsmann wird auf Grund seiner schwierigen Verletzung mit dem Schlüsselbeinbruch eine längere Pause machen. Jonas Stratmann und Fridolin Griewel werden kürzer treten. Beide sind berufsbedingt weggezogen. Jonas wohnt jetzt in Dortmund und Fridolin in Lippstadt. Ich denke, dass beide in der Dritten spielen werden. Frido muss als Physiotherapeut auch häufig abends arbeiten. Da wäre der Aufwand für die A-Liga zu groß. Yannick Dröger ist auch nach Dortmund gezogen. Da muss man mal sehen wie seine Laufbahn als Polizist weiter geht. Tim Becker hat die ganze Saison auf Grund seiner Knieprobleme nicht richtig eingreifen können. Da muss man ebenfalls abwarten, was in der kommenden Saison so geht. Marcel Rother hört definitiv auf. Seine schwere Verletzung hat sein Karriereende eingeläutet. Aber keiner der Spieler verlässt den Verein um woanders anzuheuern.

Berz 7: Helfen uns die Neuzugänge sportlich weiter? Falk Eickelmann, Frederik Joneleit, Mika Vorwig, Janik Potschies und Jascha Olenjniczak.

Brans: Falk kann uns definitiv weiterhelfen. Wir kennen uns schon lange. Er hatte allerdings 2 Kreuzbandrisse. Er trainiert schon bei uns mit. Das sieht schon sehr gut aus. Wenn er an seine alten Leistungen anknüpfen kann,  ist er eine echte Verstärkung. Jascha hat früher mit Tim Becker und Michel Sievert in Soest gespielt. Der ist natürlich super ausgebildet und kommt immer besser in Fahrt. Frederik ist ein Juwel, dass man pflegen muss. 22 Tore in der A-Jugend ist schon eine Duftmarke. Mika ist auch noch jung an Jahren und spielt einen sehr soliden Veriediger. Er ist auf den Außenbahnen zu Hause. Janik kann noch A-Jugend spielen. Ihn werden wir langsam ranführen. Er hat ja auch eine Scheidinger Vergangenheit, musste aber nach Büderich, weil in der Jugend beim SuS in seiner Altersklasse keine Mannschaft mehr gebildet werden konnte. Leon Berz als Torwart stösst ja nun hochoffiziell als Spieler dazu. Er hat uns ja schon die ganze Saison begleitet und stand zum Einsatz bereit. Von den Neuzugängen bin ich absolut überzeugt, und sie werden uns weiter helfen.

Der Sportliche Leiter Nils Becker (links) und Trainer Tim Brans (rechts) begrüßen (von links), Falk Eickelmann, Frederik Joneleit, Mika Vorwig, Janik Potschies und Jascha Olenjniczak in Scheidingen.
Der Sportliche Leiter Nils Becker (links) und Trainer Tim Brans (rechts) begrüßen (von links), Falk Eickelmann, Frederik Joneleit, Mika Vorwig, Janik Potschies und Jascha Olenjniczak in Scheidingen.

Berz 8: Habt ihr noch weitere neue Spieler im Köcher?

Brans: Nein, bei uns sind die Planungen abgeschlossen. Wir gehen mit einem 24 Mann Kader in die neue Saison. In den letzten Jahren haben wir gelernt, dass wir das auch brauchen. Mit 20 Spielern zu planen ist zu wenig. Verletzte oder berufsbedingte Ausfälle gibt es immer wieder. Andere Hobbies einiger Akteure machen uns auch schon mal einen Strich durch die Rechnung. Wir haben viele Gespräche geführt und die, die jetzt kommen passen zum SuS und zum Dorf Scheidingen. Sollte sich völlig überraschend noch etwas ergeben, dann langen wir natürlich noch einmal hin. Da gehe ich abem momentan nicht von aus.

Berz 9: Wie sehen deine Ziele und die der Mannschaft für 2024/2025 aus?

Brans: Die Entwicklung muss definitiv weiter gehen. Trotzdem bleibt das Ziel weiterhin der Klassenerhalt. Die Konstellation der A-Kreisliga ist für uns etwas ungünstig, denn sie wird definitiv stärker. Der SV Hilbeck kommt dazu, und mit Westönnen 2 und dem VfJ Lippborg zwei sehr sehr starke Aufsteiger. Westönnen 2 hat jahrelang eine gute Rolle in der A-Liga gespielt. Nach meiner Kenntnis haben sie auch zu alter Stärke zurückgefunden. Hilbeck wird mit Sicherheit eine gute Mannschaft zusammen haben. Germania Hovestadt wird es nicht zulassen, noch einmal eine so schwache Serie zu spielen. Hinzu kommt, dass man nie genau weiß wieviele Mannschaften denn tatsächlich absteigen. Ich möchte hier kein Understatement betreiben, aber Fakt ist, dass wir viel Aufwand betreiben müssen um eine Saison wie diese hinzubekommen. Da dürfen wir auch in kommenden Serie keinen Deut nachlassen, denn sonst wird es eng. Die Entwicklung wird weiter gehen müssen. Ich habe in der abgelaufenen Saison einige Schwächen erkannt und auch aufs Papier gebracht. Daran werden wir arbeiten und arbeiten müssen. Die Basics sind verinnerlicht und die großen Umbrüche in der Mannschaft sind mittlerweile Vergangenheit. Das Problem haben wir für 2024/2025 nicht. Auch Germania Hovestadt ist 2023/2024 weit unter ihren Möglichkeiten geblieben. Das wird denen nicht noch einmal passieren. Deswegen mache ich mir da nichts vor. Es wird sehr lange gegen den Abstieg gehen.

Berz 10: Die Stimmung und der Zusammenhalt in der Mannschaft galt in den vergangenen Jahren immer als außergewöhnlich gut. Ist das immer noch so? Oder gefährden die Neuzugänge diesen extrem wichtigen Punkt?

Brans: Da haben wir schon drauf geachtet. Wir hätten noch andere Möglichkeiten gehabt. Aber in Gesprächen merkt man schon, dass es nicht passt. Deswegen haben wir diese Optionen gar nicht mehr forciert. Wir haben klar formuliert, dass wir junges und regionales Spielermaterial haben wollten. Man muss schon etwas über Scheidingen hinaus denken. Mit reinen Scheidingern bekommst du keine A-Kreisligamannschaft hin. Trotzdem sind alle Spieler aus dieser Region, die auch eine Identifikation mit dem Verein und dem Dorf aufbauen können. Hoch interessant war das Verhalten von Jascha Olenjniczak. Er hat uns 4 Wochen bei den Spielen begleitet, um zu sehen wie die Mannschaft tickt. Kötten die sich in schwierigen Situationen an, oder stützen die sich gegenseitig usw. Wie gut die kicken war ihm nicht ganz so wichtig. Das ist natürlich ein ganz starkes Zeichen. Frederik und Mika sind mit Tobi Schulte in der Landjugend und hängen auch mit den Haases ab. Die waren daher immer im Dunstkreis und für uns schon länger höchst interessant. Für mich ist es das „A“ und „O“, dass es einfach passt. Das beeinflusst die Leistung auch auf dem Platz im positiven Sinne.

Berz 11: Du gehst in die siebte Saison beim SuS! Nervt dich Scheidingen und der Verein nicht langsam? Und Trainer Thomas Loch ist immer noch Rekordtrainer in Scheidingen mit 7 Jahren und 4 Monaten. Wirst du diesen Rekord knacken, da du zur Zeit ein sehr hohes Standing beim Vorstand und bei den Fans hast?

Brans: Mit sportlicher Kritik kann ich sehr gut umgehen. Die fordere ich auch von allen, die den SuS im Herzen tragen. Das ist auch wichtig für uns. Auch neben dem Platz ist das alles okay. Der SuS geht mir mitnichten auf den Sack. Ich habe schon in den letzten beiden Spielzeiten gemerkt, das Trainer in der A-Liga zu sein, etwas anderes ist. Die Intensität ist schon wesentlich anstrengender. Ich bin ja „Gott sei Dank“ beim Training nicht alleine. Martin Horstmann und David Pyka helfen mir da sehr gut und geben wertvolle Tipps. Aber irgenwie trage ich die sportliche Verantwortung doch. Und das macht etwas mit mir. Auch das wir von März bis Mai nicht gewonnen haben macht etwas mit mir. Man reflektiert sich viel selber. „Machen wir, oder mache ich alles richtig“? Gott sei Dank habe ich mit der Sportlichen Leitung Lennart Wilms und Nils Becker hervorragende Partner. Wir können uns offen die Meinung sagen und uns austauschen. Das es um mich im Verein so ruhig ist, hat auch mit dem Herzen zu tun. Die Integration der 1. Mannschaft in den SuS ist nun mal meine Herzensangelegenheit. Auch wenn mal die Schüppe geschwungen werden muss, sollen die Jungs mit anpacken. Für mich gilt das natürlich auch, da ich mich auch immer als Vorbild für die Spieler sehe. Ein Verein wie der SuS kann nur funktionieren, wenn alle an einem Strang ziehen.

Für alles was wir hier bekommen, dafür kann ich dem Vorstand und dem gesamten Verein nur meinen Dank aussprechen. Ich stelle keine utopischen Forderungen, daher wird mir nie ein Wunsch abgeschlagen, wenn es z.B. um Ausrüstung geht. Bei Wünschen wird darüber diskutiert, und alles was der Vorstand machen kann, macht er auch möglich. Und bei einer solchen Umgebung; ja was soll ich mir denn schöneres vorstellen. Ich habe mir das auch ein wenig erarbeitet. Aber dieses Vertrauen in jeder Ecke des SuS zu spüren, dass gibt mir sehr sehr viel. Selbst nach einer Pleitenserie wie von März bis Mai, spüre ich weiterhin das Vertrauen von Fans und Vorstand. Ich fühle mich pudelwohl beim SuS und genieße einfach die Wertschätzung des Vorstandes, aller Zuschauer, die der Ultras usw. Solch eine Wertschätzung gibt es nicht oft. Das macht mich nicht nur froh, sondern auch wahnsinnig stolz.

Bei unserem Dorfabend finde ich es einfach bemerkenswert, wer da alle teil nimmt. Der Männergesangverein zum Beispiel ist sang-und klanglos ausgeschieden. Aber die hatten einen Spaß dabei. Das ist unglaublich. Ich habe, und ich lerne immer noch so tolle Menschen hier kennen. Das freut mich ungemein und fördert auch meinen Horizont. Auch der Support der Ultras ist total außergewöhnlich. Wenn wir auch nach Niederlagen vom Platz kommen, gibt es keine Vorwürfe; nein im Gegenteil, sie versuchen uns sofort wieder aufzubauen. Außerdem lerne ich viele „tolle“ Sprüche kennen .

Berz: Ja Tim, das war es auch schon wieder. Ich bedanke mich für das gute Gespräch und die Zeit die du geopfert hast.

Brans: Sehr gerne! Es macht immer Spaß mit dir und wir freuen uns über deine redaktionelle Arbeit. Dafür herzlichen Dank.